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APOLLO auf der Auswahlfahrt in Kasachstan
am 07.05.2024
Mitte Februar diesen Jahres machten wir (Johann und Katharina) uns als Projektleitung auf nach Kasachstan – das flächenmäßig größte Land Zentralasiens.
Apollo konnte dort im letzten Jahr neue Kontakte zu interessierten Unis knüpfen und somit ging es für uns zunächst nach Almaty, der ehemaligen Hauptstadt im Südosten des Landes. Als kleine geographische Einordnungshilfe: Die dort liegenden Berge grenzen an China und Kirgistan an. Kasachstan ist somit für Apollo das erste Kooperationsland, das in Zentralasien liegt. Als ehemaliger Teil der Sowjetunion wird allerdings auch heute noch neben dem Kasachischen die russische Sprache gesprochen.
Im Nordwesten Kasachstans liegt die zweite Kooperationsuniversität namens Uralsk. Von Almaty nach Urlask führte uns eine zweitägige Zugfahrt einmal entlang der legendären Kasachischen Steppenlandschaft. Unser Zugfenster transformierte sich dabei in einen lebendigen Dokumentarfilm namens „Pferd, Kamele und CO.“.
Auf unserer Reise hielten wir in jeder Universität eine Präsentation über das Apollo-Praktikumsprogramm und führten anschließend Auswahlgespräche mit den Studierenden durch. Das Interesse war groß: Es gingen insgesamt 78 Bewerbungen ein.
Wessen Interesse für Land und Leute nun bereits etwas geweckt wurde, darf gerne noch weiter lesen und einige Anekdoten unserer Reise erfahren.
Für alle anderen: Das Programm lief gut an und wir freuen uns auf die 15 Studierenden, die im Sommer von Juni – August ein Praktikum auf den Brandenburger Betrieben absolvieren werden!
Anekdoten und Geschichten aus Kasachstan
Der Zug fuhr um halb 2 nachts in Almaty los. Wir kamen also spät am Bahnhof mit unserem Krempel an. Das hieß jeweils Koffer und Rucksack sowie unsere heilige und sorgfältig zuvor gekaufte Fresstüte mit allem an Nahrungsmitteln, was wir dachten, in einer Zugfahrt von 2 Tagen und 2 Nächten zu benötigen. Es war bisher meine längste Zugfahrt und ich wollte gut vorbereitet sein und im besten Falle nicht verhungern. So enthielt es Kaffeepulver, Tee, Brote, Käse und, was sich als beste Wahl herausgestellt hatte, gutes Knäckebrot mit einem Glas wunderbarer Soße aus Gemüse.
Am Bahnsteig angekommen, stand der Zug bereits in der eisigen Kälte und wir liefen zu einer der Türen auf der Suche nach unserem gebuchten Coupé. Die Schaffner untersuchten zunächst ausgiebig unser Ticket und teilten uns dann mit, dass wir leider nicht einsteigen dürfen. Wir hätten zu viel Gepäck. „Das ist ja strenger als im Flugzeug“, dachte ich mir und probierte es mit dem Ausländerbonus. Wir hätten nichts von einem Gepäcklimit gewusst und haben doch extra ein eigenes Coupé gebucht. Wir wären zum ersten Mal in Kasachstan und würden bereits in Uralsk erwartet werden. Ob wir auch morgen fahren könnten? Nein, ausgeschlossen. Nach einer langen Diskussion zwischen beiden Schaffnern und uns beschloss ein Schaffner, eine Ausnahme zu machen, beschwor uns jedoch darauf, niemandem unser Gepäck zu zeigen. Er würde sonst Ärger bekommen. So zeigte er uns das Coupé und erteilte uns folgenden Auftrag: Sollte ein Schaffner in dieser Nacht noch eine Zimmerkontrolle machen, habe sich Johann mit dem Gepäck in der Toilette zu verstecken. Ich, Katharina, solle die Tür, sehr genervt und müde wirkend, nur einen Spalt breit öffnen und laut sagen, dass wir Ausländer seien und schlafen. Mein Mann sei gerade auf Toilette.
Na gut, diese Story merkte ich mir. So funktioniert das hier also. Ob ich wohl unter diesen Umständen überhaupt schlafen werde? Zum Glück gab es jedoch keine weiteren Vorkommnisse und wir wurden auch nicht mehr in der Nacht geweckt. Lediglich derselbe Schaffner erkundigte sich am Folgetag noch einmal, ob alles gut sei und dass er bei den anderen Schaffnern veranlasst hatte, dass wir Ausländer seien und man uns in Ruhe lassen solle.
Nach diesem nervenaufreibendem Start war ich heilfroh in diesem Zug zu sitzen und die vergangenen Tage allmählich Revue passieren zu lassen:
Unser Hinflug nach Almaty über die Türkei lief problemlos ab. Wir landeten morgens, wo wir erst einmal ein gutes Frühstück am Flughafen zu uns nahmen, um nebenher die technischen Dinge zu klären. Eine Handykarte für beide, damit auch Internetzugang, und anschließend die ersten Telefonate mit dem international office und der Info, dass wir gut gelandet seien. Mit dem kasachischen Uber fuhren wir anschließend zur Unterkunft.
Die liebe Frau aus dem International office hatte uns bereits vorsichtig vorgewarnt, dass die Unterkunft sehr einfach sei und es ungewöhnlich kalt wäre momentan für diese Jahreszeit. Na für uns auf jeden Fall! Es war eisig. Bei Minus 20 Grad Celsius spürte man die Kälte so richtig im Gesicht. Handschuhe ausziehen, um ein Foto zu machen, überlegt man sich wirklich zweimal. In der Unterkunft angekommen, waren wir erst einmal froh, angekommen zu sein. Doch nachdem die erste Aufregung verklungen war, merkten wir ganz schnell, dass dies keine warme Wohnung war. Schnell zog ich mehrere Schichten über, um überhaupt sitzen zu können. Doch auch das war nicht lange möglich. Okee, so hatten wir uns das nicht vorgestellt. Draußen Kälte ja, aber drinnen? So saßen wir am Ende mit Bettdecken umwickelt vor dem Laptop und berichteten via Videocall Kerstin zähneklappernd, dass wir nun gut angekommen waren und es uns ganz gut ginge. Wir arrangierten uns mit der Situation. Später am Tag kam ein Student und brachte uns einen Wasserkocher vorbei.
Doch mit dem Eingießen des heißen Wassers hatten die für uns bereit gestellten Teetassen leider so gar nicht gerechnet und bekamen vor Schreck gleich einen Sprung. So mussten wir wohl oder übel die Apollo-Tassen opfern, die wir eigentlich als Gastgeschenke mitgebracht hatten. Aber ganz ehrlich – so langsam ging es wirklich ums Überleben! (s.Bild) Und um diesen Wortwitz noch auszuschöpfen: Seit diesem Tag hat also das Apollo-Büro nicht mehr alle Tassen im Schrank!
Am nächsten Morgen gingen wir zur Uni, was zu Fuß etwa 25 Minuten von unserer Unterkunft lag. Wieder einmal zog ich alles an, was ich hatte, nur darüber dann etwas möglichst schick Aussehendes. Gar nicht so einfach, aber schließlich stellten wir uns heute offiziell bei der Uni vor. Ich wollte Apollo ordentlich vertreten und widerstand dem Drang, die deutsche praktische Klamotte anzuziehen. Sogar Schuhe zum Wechseln nahmen wir beide mit, um dort nicht mit unseren Wanderstiefeln anzutanzen. Ich war ganz schön aufgeregt. Doch das war eigentlich unbegründet: Im Büro empfingen uns zwei herzensgute Damen, mit denen wir auch in den kommenden Tagen immer wieder schöne Teezeremonien und gute Gespräche haben sollten.
Einen Tag später war der Vortrag mit der Präsentation des Praktikumsprogramms angekündigt. In der Vorbereitung hatten uns ehemalige Programmleiterinnen bereits vorgewarnt, dass dies sehr wichtig genommen wird und wir dafür Apollo professionell nach außen vertreten müssen. Und so lief das ab: Ein großer Saal mit Bühne war gebucht. Nach und nach trudelten die Studierenden ein. Vorab wurden offizielle Fotos mit der Leitung des internationalen Büros gemacht. Ein Videograph filmte zusätzlich. Dann kam eine Begrüßung, zwei Vorreden, die Begrüßung des Co-Rektors und schließlich stellten wir vor etwa 100 Studierenden das Praktikumsprogramm von Apollo vor. Die Studierenden zeigten sich sehr interessiert und wir kamen anschließend mit einigen ins Gespräch.
Nach einer Woche in Almaty ging es weiter nach Uralsk. Die bereits erwähnte Zugfahrt war ein einmaliges Erlebnis. Unser Abteilfenster formierte sich zu einem lebendigen Dokumentarfilm über die Kasachische Steppe: Von Schneelandschaften mit Pferdeherden ging es am nächsten Tag über in eine wüstenartige Steppe, an der Kamele vorüber liefen. Immer mal wieder kamen wir vorbei an kleinen Gehöften mit Rindern, Schafen und Hühnern. Unglaublich abwechslungsreich. Die Zugfahrt endete schließlich in einer weiteren Eiswüste und eine in Sonnenschein verpackte frostige Kälte erwartete uns in Uralsk. Hier war es so kalt, dass die Gehwege unter dickem Eis lagen und somit ein Standardkinderwagen mit Kufen statt Rädern gefertigt war. Wir mussten sehr aufpassen, nicht auszurutschen und somit investierte ich hier doch in ein paar neue Stiefel, um dieser Rutschpartie besser entgegentreten zu können.
Am Bahnhof in Uralsk empfingen uns die Mitarbeiterinnen des international office mit einem großen Blumenstrauß und der Einladung zum Abendessen in ein usbekisches Restaurant. Blumen spielen eine große Rolle in Kasachstan. Jedoch anders als ich es aus Russland kenne. Die Blumen sind in hippen Stores zu finden und so arrangiert, dass sie fast künstlich wirken. Es scheint ein Trend aus Korea zu sein, der hier zu finden ist. An diesen Merkmalen stellte ich die Einflüsse und Nähe zu den asiatischen Nachbarländern fest.
Das Usbekische Restaurant war wundervoll orientalisch eingerichtet, mit bunten Farben und einem reich gedeckten Tisch. Es wurden bereits viele Fragen zum Programm gestellt und wir konnten die ersten Kontakte knüpfen.
Kulinarisch hat Kasachstan so einiges zu bieten: Laghman nennt sich eine Art Nudelsuppe mit Gemüse. Auch gefüllte Teigtaschen namens Samsa gibt es hier. Und natürlich, das aus Usbekistan bekannte Reisgericht Plov. Das Nationalgericht Kasachstans durften wir auch probieren: Beschbarmaq, das sind lasagneartige Nudelfladen mit Pferde,-oder Hammelfleisch. Ja genau: Auch für Pferde ist das Leben in Kasachstan kein Ponyhof. Pferde sind fest mit der kasachischen Geschichte und dem ehemaligen Nomadenvolk verbunden. Darüber durften wir in Uralsk im Universitäts-eigenen Museum so einiges erfahren und eine nachgebaute Yurte besichtigen. Vergorene Stutenmilch, auch Kymys genannt, gilt als gesundheitsfördernd und wird heute noch viel getrunken.
Zum Essen wurde uns meist Tee in kleinen Gefäßen serviert, und dabei häufig nachgeschenkt. Es gibt schwarzen und grünen, stark gesüßten Tee mit Zitrusfrüchten und Honig. Bei offiziellen Anlässen wurde uns kein Alkohol angeboten. Dies führe ich auf die muslimischen Einflüsse des Landes zurück.
Am Ende der zwei Wochen waren wir ganz schön geplättet von den vielen Eindrücken, jedoch auch super überrascht von der großen Gastfreundschaft und dem Interesse der Studierenden. Insgesamt hielten wir an beiden Unis einen Vortrag zum Praktikumsprogramm und führten 78 Bewerbungsgespräche durch, um auch jeder Person eine Chance zu geben, sich vorzustellen. Viele möchten gerne einmal nach Deutschland gehen und zeigen Interesse daran, einen Betrieb kennen zu lernen. Einige wollen große Maschinen und neue Technik sehen. Und andere wiederum studieren Veterinärmedizin und möchten gerne Rinder und Milchviehbetriebe kennen lernen.
Nun schließe ich mit einer letzten Anekdote zu den Bewerbungsgesprächen: In jedem Interview wurden standardmäßig ein paar Fragen zum praktischen Kenntnisstand der Studis abgeklärt.
So unter anderem die Frage nach der Melkerfahrung. Viele Studis besaßen vom Hof zu Hause bereits Melkerfahrung. Doch ein Studi fragte ganz cool zurück: „Ob ich melken kann? Klar! Meinen Sie jetzt Kühe oder Kamele? Kamele melke ich lieber, da kann ich stehen.“